Koblenz. Der bisherige Vorsitzende ist auch der neue Mann an der Spitze des SPD- Stadtverbands Koblenz: Beim Parteitag im Haus Horchheimer Höhe bestätigten 50 der 57 Delegierten Detlev Pilger im Amt. Er nutzte die Gunst der Stunde, seine Mitstreiter auf Geschlossenheit einzuschwören. Die Sozialdemokraten haben bereits die Kommunalwahl 2024 fest im Blick. Ihr Ziel haben sie bereits klar formuliert: Sie wollen stärkste Fraktion im Stadtrat werden.
Schon der Beitrag des neuen Bundestagsabgeordneten Thorsten Rudolph zeigte: Angesichts der Wahlerfolge auf Bundes- und Landesebene verspüren auch die Koblenzer Genossen Aufwind, und so war es nicht verwunderlich, dass es weder größere Differenzen noch Kampfabstimmungen in den geheimen Wahlen gab. Einzige Ausnahme: Bei der Wahl des Schriftführers konnte sich Antje Ott vom Ortsverein (OV) Moselweiß mit 33 Ja-Stimmen gegen Dennis Feldmann (23 Stimmen) durchsetzen. Der bisherige Amtsinhaber aus dem OV Lützel ist jetzt Beisitzer.
Unverändert bleibt dagegen das Trio der stellvertretenden Vorsitzenden: Landtagsabgeordnete Anna Köbberling vom OV Metternich-Bubenheim (36 Ja-Stimmen), Christoph Kretschmer vom OV Pfaffendorf (44) und Marion Lipinski-Naumann vom OV Rübenach (36) können weiter auf soliden Mehrheiten aufbauen. Thorsten Schneider vom OV Karthause wurde als Schatzmeister im Amt bestätigt, auch hier gab es keine Gegenkandidaten. Auch wenn Pilger von einer Aufbruchstimmung sprach, ließ er durchblicken, dass die SPD, wie andere Parteien auch, das Problem hat, Menschen für die politische Arbeit in den Stadtteilen zu begeistern. Aus seiner Sicht ist neben einer Verjüngung in den Ortsvereinen die gezielte Ansprache von Frauen und Bürgern mit Migrations-
hintergrund erforderlich. Die Partei will schon an der Basis einen gesellschaftlichen Querschnitt abbilden und zudem den Akteuren in den Ortsvereinen die Chance
geben, das Ganze mitzugestalten. Dieser Ansatz spiegelt sich auch in der großen Zahl der Beisitzer im Vorstand wider.
18 von 27 Bewerbern wurden letztlich gewählt, wobei auffiel, dass der Verjüngungsprozess bereits eingesetzt hat. Einen Streitpunkt gab es aber doch: Die Sozialdemokraten sind sich nicht einig, wie der Stadtparteitag nach Corona zusammengesetzt sein soll, denn es gibt in den Reihen der Koblenzer SPD etliche Akteure, die vom Delegiertenprinzip abrücken und grundsätzlich alle Mitglieder aktiv, also stimmberechtigt, teilnehmen lassen wollen. Und so lag ein Antrag, der bereits 2018 gestellt wurde, erneut zur Abstimmung vor, wobei die Initiatoren nicht die nötige Zweidrittelmehrheit erreichten. Denn es gab ein gewichtiges Gegenargument: Die Bedeutung der Ortsvereine könnte durch diese Veränderung geschwächt werden.
Insgesamt mussten die Delegierten über acht Anträge entscheiden, wobei die Arbeitsgemeinschaft 60plus erreichte, dass die SPD-Stadtratsfraktion beauftragt wurde durchzusetzen, dass auch die Stadtverwaltung alle zwei Jahre einen Armutsbericht erstellen lässt. Hintergrund: Auch in Koblenz geht die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinander. Und das liegt nicht nur an der Corona-Krise.
Was sonst noch auffiel: Die Koblenzer SPD will ihre Arbeit optimieren und verankerte das Amt des Geschäftsführers in der Satzung. Gewählt wurde Peter Staudt, dem Pilger große Zuverlässigkeit und Präzision bescheinigte. Ermutigende Worte gab es auch von der Landes-SPD. „Hier schlägt das Herz der Sozialdemokratie“, rief Marc Ruland den Delegierten zu. Der Generalsekretär nutzte die Gelegenheit auch zur Kritik an der CDU, die aus seiner Sicht einen unsauberen Wahlkampf vor der Landtagswahl geführt hat.
Und was sagte David Langner? Der Oberbürgermeister sieht Koblenz bei den Maßnahmen zur erfolgreichen Bewältigung der Corona-Krise auch im Bundesvergleich ganz vorn. Der Sozialdemokrat kritisierte nicht nur mit Blick auf die Krise das Verhalten der kleinen Fraktionen, vor allem der AfD, im Rat und warf ihnen vor, zur Spaltung der Gesellschaft beizutragen. Dass die FDP und die Freien Wähler dabei mitmachten, überrasche ihn sehr. Langner ließ am Beispiel Verkehrswende auch durchblicken, dass ihn Fundamentalismus stört. Es sei schlichtweg unmöglich, dass eine Stadt, die auch für das Automobil konzipiert worden sei, in zwei bis drei Jahren umgebaut werden könne.
Reinhard Kallenbach